Wie wollen wir Wirtschaft planen?
Bericht und Gespräch mit teilbar e.V.
Donnerstag 18. Dezember 2025 um 20:00 Uhr
Ort: Im Kiosk, Augustenstraße 127, Stuttgart-West
Kurze Ankündigung:
Sorgearbeit und Produktion werden gegenwärtig auf Basis von Herrschaft und getrenntem Eigentum organisiert, was zu unnötigem Leid, Umweltkatastrophen und der Klimakrise führt. Unter welchen Umständen planen und organisieren wir Sorgearbeit und Produktion lebensdienlicher? Diese Frage wurde kürzlich auf zwei Konferenzen zu Demokratischer Planung in Berlin auf vielfältige Weise beleuchtet. An diesem Abend wollen wir berichten und uns fragen: Wie wollen wir Wirtschaft planen?
Geplanter Ablauf:
20:00 Uhr Bericht Zum Stand der Wirtschaftsplanung
20:30 Uhr Fragen und Antworten, kurze Pause
21:00 Uhr Gespräch Wie wollen wir Wirtschaft planen?
22:00 Uhr Abschluss
Längere Ankündigung:
Wir alle planen mehr oder weniger unsere Leben. Ob individuell, familiär, betrieblich oder gesellschaftlich. Was wir nicht selbst planen, das überlassen wir anderen zur Planung: den Eltern, dem Ehemann, den Vorgesetzten, den Politiker*innen, den Volkswirt*innen, den „Wirtschaftswissenschaftler*innen“. Haben wir die Vision alles zu teilen, dann erübrigen sich das Voneinander-kaufen-und-verkaufen, das Geld und der äquivalente Tausch, sowie hoffentlich sämtliche Verrechnungseinheiten. Damit wir alle genug Dinge und Dienstleistungen für je mein gutes Leben haben wollen wir den Dingepegel idealerweise etwas über dem Wunschpegel halten. Ansonsten fahren einige Menschen ihre Ellbogen aus. Wenn wir das Geld überwunden haben fällt auch die ungewisse Vermittlungsfunktion des Geldes fort, und es bleibt uns nicht viel, als die Wertschöpfungskette diesmal bewusst und verbunden zu planen.
Unbequem beim Planen ist, dass sich weder Pläne für das individuelle Leben noch das gesellschaftliche Leben sicher erreichen lassen. Viele relevante Faktoren sind im Fluss und ändern sich in der Zeit zwischen Planung und Auswertung, inwiefern das ursprüngliche Ziel erreicht wurde. Pläne lassen sich nur ansteuern und in der x-ten Version nachjustieren. Woher also der Unglück versprechende Wunsch nach Übereinstimmung von Ursprungsplan und Ergebnis? Einige lassen sich vom irreführenden Wort „Planungssicherheit“ verwirren und steigen auf diesen Gedanken ein, erhoffen sich Sicherheit von denjenigen, die Planungssicherheit versprechen. Dabei ist es realistischer, sich von Hoffnung auf Planungssicherheit zu verabschieden.
Ende November und Anfang Dezember 2025 fanden in Berlin zwei Konferenzen zu Demokratischer Wirtschaftsplanung statt; Organisiert vom Netzwerk Demokratische Planung und dem Netzwerk Critical Theory Berlin. Davon möchte ich berichten und uns danach fragen: Wie wollen wir Wirtschaft planen?
Denn geplant wird ohnehin. Große Supermarktketten wie zum Beispiel Walmart planen die ganze Wertschöpfungskette für sich und ihren Verkauf. Dabei hat Walmart mehr Mitarbeiter*innen als Slowenien Einwohner, es sind also lange Wertschöpfungsketten, die ineinander greifen.
Das Wort „Wirtschaftsplanung“ ruft Assoziationen von DDR, Sowjetunion, Ostblock auf, von denen wir uns wegen deren herrschaftlichem Zugang abgrenzen. Nein, danke. Zudem sind mittlerweile die Rechenkapazitäten durch die Digitalisierung sowie die Produktivkräfte auf einem höheren Stand als vor Jahrzehnten. Warum ist Wirtschaftsplanung wichtig? Für unterschiedliche Bereiche gibt es unterschiedliche Fragen:
Liebe Fürsorgende, unter welchen Umständen würdet ihr gerne fürsorgen?
Liebe Versorgte, wäre euch nicht wohler, wenn die Sorgenden sich um euch und nicht um Bürokratie und Wirtschaftlichkeit sorgen müssten?
Liebe Handwerker*innen, wäre es nicht toll, wenn alle Werkzeuge, Geräte, Maschinen und Fahrzeuge mit offenen Bauplänen konstruiert würden, leicht zu öffnen und zu reparieren wären?
Liebe Lohnarbeitende & Selbständige, an welchen Stellen würdet ihr beitragen, wenn ihr euch nicht mehr als Arbeitskraftunternehmer*innen & Individualkapitalist*innen durchschlagen müsstet?
Liebe Unternehmer*innen, inwiefern verlockt es euch genau zu dem Produkt oder zu jener Dienstleistung beizutragen, ohne nach dem Geld schielen zu müssen, weil euer Einsatz gesellschaftlich getragen wäre?
Liebe Philosoph*innen, verschnarchen gerade einige von euch auszuloten welche Begriffe und wirklichen Verhältnisse für eine verbundene Gesellschaft wichtig sind? Weder Mises noch Hayek konnten das Internet und die jetzt ungeheuerliche Rechenkapazität vorhersehen; zudem haben sie die Werktätigen nicht als Planende und Informationsquelle in Betracht gezogen. Einige Konservative klammern sich noch heute an deren historische Einschätzungen. Was nun ist euer Plan?
Liebe Politiker*innen, wie fühlt es sich an, wenn ihr in der Regel nur einen Teil der Menschheit im Blick habt? Wie wäre es für euch, wenn ihr weltweit möglichst tauschlogikarm alle Menschen und unsere Mitwelt in den Blick nehmt? Und euch diesbezüglich sinnvolle Aufgaben sucht?
Liebe Banker*innen, welche planerischen Leistungen wollt ihr vollbringen, wenn wir Geld, äquivalenten Tausch und sonstige Verrechnungseinheiten überwunden haben?
Liebe Herrschaftskritiker*innen, seid ihr bereit Privateigentum und Wertverwertung als Grundlage unpersönlicher Herrschaft zu analysieren? Und mit deren Überwindung die Notwendigkeit verbundener Planung anzuerkennen?
Liebe emanzipatorische Gruppen, ist es nicht fad und ungenügend im Hamsterrad der Kritik zu verbleiben? Klingt es nicht vielversprechend mit Planung zu experimentieren, um die geeignetsten Wege herauszufinden?
Wie weiter? Getrenntes Eigentum beschert uns eine unangenehme Eigendynamik, die sich in Tausch, Warenform, Geld, Markt und Herrschaft ausdrückt. Entlang dieser Elemente verstricken wir Menschen uns täglich aufs Neue in leidvolle Erfahrungen. Vielen erscheinen diese Erfahrungen als die einzig möglichen, hoffnungslos sehen sie keine Änderungsoption. Gleichwohl ist der Weg in eine erfreulichere Gesellschaft möglich, wenn wir ihn praktisch bahnen. Dafür reichen weder bauchgetriebenes Schimpfen noch elaborierte Kritik.
Zu gesellschaftlicher Änderung gehört Utopie bzw. Vision, die zunächst schlüssig entwickelt werden will. Eine Vision zu veröffentlichen lädt zu deren Diskussion ein. Wenn sich jede*r nur ihre*seine Vision denkt, oder maximal in der eigenen Bubble äußert, kommen wir kaum zu einem gesellschaftlichem Austausch über eine bedürfnisorientierte Welt. Ohne Vision keine koordinierten Transformationsschritte. Das heißt, wenn wir uns nicht auf einleuchtende Visionen geeinigt haben, dann entwickeln wir keine weiterführenden gangbaren Schritte, die uns praktisch der Vision näher bringen; die uns zu einem höheren Standpunkt bringen, von dem aus wir mehr überblicken, wo es lang gehen kann. Ohne Transformationsschritte haben wir nur wenig Erfahrungen und Erkenntnisse, wenig Futter für Selbstkritik, die uns in eine höhere Schleife von Kritik, Vision, Weg und praktischen Experimenten führen würde. Wir blieben unbeweglich. Für eine Beweglichkeit brauchen wir Fingerübung, Bewegungsübungen.
Offene Fragen, auf die wir Antworten sammeln: Was könnten visionäre Aspekte sein? Wie sähe gemeinsame Verfügung aus und wie wirkt sie? Wie wirkt Freiwilligkeit in verschiedenen Phasen? Haben wir Hoffnung, uns vom Zwang des Erwerbsarbeitsmarkts zu erholen? Was würden wir freiwillig tun, wenn wir nichts tun müssten und Nehmen vom Beitragen entkoppelt wäre? Was sind Methoden kooperativer Entscheidungsfindung? Welche davon kann ich mir vorstellen zu erlernen und anzuleiten? Wie planen wir bedürfnisorientiert? Was für Institutionen könnten wir gebrauchen? Was fordert dich heraus, dazu beizutragen?
Tomislav Knaffl lebt in Stuttgart, ist im teilbar e.V. aktiv und Mitglied des Commons-Institut e.V..


